Jutta Ditfurth
»Der Haushalt der städtischen Terrorgruppe aus CDU/SPD/Grüne/FDP ist ein Haushalt des sozialen Grauens!«
Rede zur Einbringung des Haushalts 2003 durch den Stadtkämmerer in der Stadtverordnetenversammlung vom 16. Oktober 2003
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[Anmerkung: Die Rede wurde durchgehend von Gebrüll aus der CDU-Fraktion gestört, empörte Zwischenrufe aus den Fraktionen der Grünen, der SPD und der FAG kamen dazu]
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Ich wünsche einen guten Abend trotz dieser ach so mitreißenden »Sternstunden« dieses Parlaments.
Was uns der Kämmerer dieser städtischen Terrorgruppe von CDU-SPD-Grünen-FDP hier vorlegt, ist ein Haushalt des sozialen Grauens!
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[Wütende Zwischenrufe, Tumulte, Turbulenzen im Präsidium, eine Rüge, noch 'ne Rüge ...]
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Welche Worte rügen Sie? 'Soziales Grauen'? 'Städtische Terrorgruppe' ...?
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[Noch 'ne Rüge, Androhungen ... Aufforderung: »Zähmen Sie sich ..« etc.]
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Na gut, dann sag' ich eben: Diese Gruppe des Schreckens ... wissen Sie was Schrecken auf lateinisch heißt? Terror. Also, die städtische Terrorgruppe ...
Lässt sich Schrecken verbieten?
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[Schwere Unruhe, Dazwischengebrüll, unverständliche Vorhaltungen aus dem Präsidium ...]
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Die Einbringung des Haushalts ist ein ziemlich ausgeleiertes Ritual.
Der Stadtkämmerer seufzt über eine Stunde am Redepult. Die Oberbürgermeisterin (OB) dankt dem Stadtkämmerer. Und alle danken den Mitarbeitern der Stadtverwaltung, denen sie mit diesem Haushalt mit Versetzung, Abqualifizierung und Entlassungen drohen.
Eigentlich ist, im bürgerlichen Ideal, die Haushaltseinbringung der Moment in einem kommunalen Parlament, in dem alle Fraktionen, den fetten Haushaltsentwurf frisch vor sich, erklären sollten, wie ihre Perspektive für die Zukunft der Stadt aussieht. Nichts davon fand heute hier statt.
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[Anmerkung: Nach dem Stadtkämmerer reden die Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Fraktionsgröße: CDU - SPD - Grüne - FDP - Rep - FAG - PDS - BFF - ÖkoLinX-ARL - E.L.; die Sitzung begann um 16 Uhr, ÖkoLinX-ARL war um 22 Uhr dran]
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Die OB redet von der Finanzlage aller Städte und profiliert sich aus Frankfurt hinaus. Dann beklagt sie die spezifisch traurige Finanzlage Frankfurts. So redet sie hier und im Städtetag. Aber wie redet Frau Roth in den gesellschaftlichen Kreisen der Oberschicht, in denen sie so gern verkehrt? Packt sie die Steuerhinterzieher am Kragen? Hält sie ihren Freunden Kapitaleignern, Aufsichts- und Vorstandsmitgliedern, den Managern Brandreden gegen Kapitalflucht, Spekulation, millionenschwere Abfindungen, Profitraten, lächerlich niedrige Steuersummen etc. etc.?
Kann sich das irgendwer hier im Haus wirklich vorstellen?
Die Oberbürgermeisterin verkehrt problemlos genau in den Kreisen, die die öffentliche Hand brutal aushungern. In denen man durch massiven Einfluss auf die staatstragenden Parteien - selbst auf die sieht man verächtlich herab - die Steuergesetzgebung so zu eigenen Gunsten beeinflusst, dass der Reichtum der einen obszön anschwillt während die anderen gedemütigt und perspektivlos verrecken.
Das würde mich wirklich interessieren, Frau Roth: Wie reden Sie in Kreisen des Kapitals? Passen Sie sich an? Unterwerfen Sie sich? Ein bisschen aufmüpfig, aber immer im Rahmen starrer Konventionen und unendlich dankbar, wenn statt höherer Steuern ein bisschen Ablass für Profit und Gier in Gestalt von Sponsoring bezahlt wird? Dann gibt's gleich einen Empfang, eine Urkunde, gelegentlich das Bundesverdienstkreuz.
Jedes Jahr hören wir: dass Frankfurt anders ist als alle anderen Städte. Das ist zum Teil richtig. Es wird sicher mehr geblufft und mehr hochgestapelt als in vielen anderen Städten. Hinter den Kulissen der Hochhäuser wachsen unterdessen Armut und Gewalt.
Wie viel Aggression und Abscheu in Ihren Kreisen, wenn SozialhilfeempfängerInnen mal bescheißen oder ArbeitslosenhilfeempfängerInnen verständlicherweise keinen Bock auf Drecksarbeit haben, nicht auf Telefonterror im Callcenter, nicht auf Kisten schleppen oder Teer schaufeln, nicht auf nervenzerrenden Akkord.
Wie viel Bewunderung und Neid in Ihren Kreisen und in Ihrer CDU-Fraktion - aber auch in anderen Fraktionen -, wenn Ihre Freunde in Wirtschaftskreisen hohe Renditen abzocken, sich an obszönen Aktiengeschäften oder Investments beteiligen. Extraprofite funktionieren nur - das ist ihre innere Logik - auf den Knochen anderer. Wer da das größte Schwein oder der fleißigste ideologische Mitläufer ist, kriegt auf Ihren Vorschlag hin, dann auch mal das Bundesverdienstkreuz.
Ja, es gibt die Finanzkrise der Städte. Wer ist schuld? Regierungen - wie selbst die Naivesten seit 1998 begreifen können - unabhängig ob SPD/Grüne oder CDU/FDP die Bundesregierung stellen, Regierungen, die im Kapitalismus stets ihren eigentlichen Auftrag erfüllen: dem Kapital einerseits die Profite und andererseits die soziale Friedhofsruhe zu sichern.
Die Klügeren unter ihnen wissen genau, was sie tun: Kapitalinteressen erfüllen und zwischen bestimmten Kapitalfraktion ausgleichen und zugleich dem Publikum, dass in Deutschland seine Henker stets besonders untertänig selbst wählt, vorspielen, man verträte seine Interessen. Die Dümmeren unter Ihnen glauben letzteres.
Ursache der Finanzmisere, die auf den Knochen der Lohnabhängigen und der Ärmsten ausgetragen wird, - wollen wir nicht gleich vom Kapitalismus, seiner Herrschaft und seinen Krisen reden - ist u. a. die extrem niedrige Steuerlast für Banken und Großkonzerne.
Wie sagt Frau Roth gern? »Ursachen dafür sind zu niedrige Einnahmen« - und wer lässt die zu? Ihre Partei, die CDU. Unter anderem. Auf Bundesebene SPD und Grüne. Welchem Zweck dient die gegenwärtige Umstrukturierung der Finanzbehörden in Hessen durch CDU und FDP? Die Herren in den Banken fühlten sich belästigt, die großen Steuerbetrüger wollen ungestört sein und rufen ihre Marionetten zu Hilfe, plaudern ein paar klärende Sätze beim Abend im Frankfurter Rennclub, dem die Landesregierung die Schmiergelder in ihrem Streichhaushalt nicht streichen wollte. Und die Marionetten, die Kumpane, eilen herbei, wenn das Kapital schlechte Laune hat - egal ob sie nun Koch oder Clement heißen.
Die Situation ist nicht, wie Frau Roth bei der Einbringung des Haushalts 2003 sagte, »seit Jahren schief, und zwar zu Ungunsten der Städte«.
Aber auch Bund und Land sind betroffen. Innerhalb der öffentlichen Haushalte gibt es dann auch noch Verteilungskämpfe zu Lasten der Städte. So ist die Logik.
Die CDU/SPD/Grüne/FDP-Stadtregierung steht der Bundesregierung in nichts Schlechtem nach:
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wo die einen Millionen Menschen eine sichere Zukunft im Alter rauben,
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wo diese Bundesregierung wie Karies an den Gebissen der Menschen nagt,
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wo SPD und Grüne in Berlin wissentlich dafür sorgen, dass kinderreiche Familien, Alte, ärmere Menschen künftig Arztbesuche aufschieben werden bis der Schmerz chronisch geworden ist oder das Gelenk kaputt und die Lebensfreude zerstört.
Da ist die städtische Terrorgruppe aus CDU/SPD/FDP und Grünen nicht einen Deut besser.
Die höchste Wachstumsrate haben verschleiernde Phrasen:
Phrase 1: »Wir haben einen Reform-Stau«.
Reform, das Unwort der letzten Jahre. Die Androhung von sozialer Gewalt, statt von Verminderung sozialer Leiden. »Reformstau« klingt wie 'ne verstopfte Kloleitung. Heißt übersetzt nur, dass die Peitschenhiebe gegen Lohnabhängige, Alte, MigrantInnen, Arme noch nicht hart genug fallen;
Phrase 2: »Es kann nicht mehr alles beim Alten bleiben«.
Das sagt z. B. Frau Roth gern, wenn ein Haushalt eingebracht wird. Bullshit. Inhaltsleer. Übersetzen wir es mal: Denn was ist das 'Alte'? Die Solidargemeinschaft, ihre kläglichen Reste? Dann ist das Alte besser. Das Neue sind Arme, die sich schuldbewusst mit ihrer Lage abgefunden haben? Dann weg mit diesem Neuen!
Phrase 3: »Wir sitzen alle im gleichen Boot«.
Letztes Jahr die Lieblingsphrase von Herrn Becker, dem CDU-Fraktionsvorsitzenden. Die abgelutschteste Phrase von allen. Wer rudert und wer lässt sich rudern? Wen rettet der Hubschrauber bei 'ner Krise, 'nem Loch im Boot, und wer säuft ab?
Noch nie hat sich einer solidarisch und aktiv und kämpferisch an die Seite der rassistisch Diskriminierten oder sozial Schwächsten gestellt, der zuvor die zutiefst ideologische Phrase vom Boot verwendet hat! Die Boots-Metapher bleibt die Eintrittskarte in den Kreis der Herrschenden und ihrer Mitläufer.
Frau Roth freute sich letztes Jahr: dass Kommunalpolitiker von CDU, SPD, FDP und Grünen »gleich denken, auch wenn wir unterschiedliche Parteibücher haben«. Ist das nicht schön, wie da über die desolate Lage lamentiert wird, während gleichzeitig die eigenen Parteifreunde in Berlin und Wiesbaden die Scheiße anrichten?
Das Mitgefühl mit den Opfern ihrer Kapitalhörigkeit hat allerspätestens seine Grenzen - sofern es welche gibt - wo es um die eigenen Parteikarrieren geht. Kein Mitglied der CDU-Fraktion hier im Haus, das auf Landesebene noch sogenannte Bedeutung erlangen will, wird jemals Roland Koch wirklich kritisieren. Sie sind vollkommen unfrei. Falls sich kritische Gedanken überhaupt noch einstellen. Wir haben ja bei anderen Gelegenheiten festgestellt, dass Ihre kapitalhörige und staatstragende Mentalität die Zensur nicht braucht.
Auch Lutz Sikorski, der Fraktionschef der Grünen oder Ann Anders würde niemals die Sozialstaatszerstörer und Armut-Macher ihrer Partei in der Regierung kritisieren. Niemals ein notwendig hartes Wort gegen Göring-Eckart, Scheel oder gegen den sozialpolitischen Azubi Josef Fischer. Der parteipolitische Opportunismus steht in diesem Haus immer höher als der Inhalt.
Auch Petra Roth, die politisch gern die Region verlassen möchte, die über der Armut im Land, die da auf uns zurollt, gern am besten mit Flügeln bundespräsidieren würde (was wohl nicht klappt) und die wie jeder aus der CDU-Fraktion, der noch in den Landtag flüchten will, sich niemals gegen die eigene Partei entscheiden und zugleich für die Menschen im Land, denen es dreckiger und dreckiger geht.
Nicht von ungefähr ist SOLIDARITÄT in der deutschen Sprache ein Fremdwort und UNTERTAN nicht.
Was sind Ihre ewigen Lösungsvorschläge? Mehr soziale Kürzungen! Mehr Lasten an Land und Bund! Kein Kampf, niemals echter Widerstand, kein Beispiel nehmen zum Beispiel an Liverpool. O-Ton Frau Roth zum Haushalt 2003: »Wir brauchen in den deutschen Kommunen (...) Eine Wirtschaftspolitik, die Leistung honoriert und den Unternehmen Mut zur Investition macht.«
Wessen Leistung? Die der Mehrwertschaffenden? Der Arbeitenden? Die meinen Sie nie.
Hinter der abgelutschten Floskel von der 'zu honorierenden Leistung', die auf jedem CDU-Parteitag rauf und runtergebetet wird, steckt die Aufforderung: noch mehr zerschmettern vom desolaten restlichen Sozialstaat, noch mehr Beute schaufeln in die Rachen der reichen Freunde.
Und vielleicht - alte Ideologie auch der SPD seit Ebert - vielleicht krümelt dann was runter vom Tisch dieser Reichen.
Jahrzehnte, es nannte sich »Kalter Krieg«, profitierten die Menschen hier im Land von der Konkurrenz politischer Systeme. In Verbindung mit ihrer Widerstands- und Kampfbereitschaft konnten Arbeitszeitverkürzungen durchgesetzt, Niedriglohnarbeitsplätze für Frauen abgeschafft und moderate Demokratisierungen im Betrieb und anderswo durchgesetzt werden.
Ich bin Linke geworden in Kritik dessen was sich in der DDR Sozialismus nannte, Linke geblieben in harter Auseinandersetzung mit der Sowjetunion; die Beteiligten könnten es ihnen immer noch bestätigen. Aber diese Systemkonkurrenz zwischen dem was sich Sozialistische Staaten nannte und den kapitalistischen Staaten nützte den Lohnabhängigen, dem Subproletariat, den Marginalisierten, der unteren Mittelschicht. Für die Befriedung in der BRD mussten soziale Zugeständnisse gemacht werden, die es anderenfalls nie gegeben hätte und die jetzt abgeräumt werden.
Solange es keine solche Konkurrenz gibt, müssten die Lohnabhängigen noch mehr Kampfbereitschaft aufbringen als in Deutschland je zuvor. Das ist nicht so. Auch darum wurde zum Beispiel - mal abgesehen von eigenen Fehlern - die IG Metall gedemütigt.
Damit es die notwendige Revolte, die Massenstreiks und Verweigerungen nicht gibt, brauchte es Gehirnwäsche. Wozu gibt's schließlich Massenmedien? In wie wenigen Jahren ist den Menschen eingeredet worden, dass das Standortinteresse, also das Interesse des Kapitals, ihr eigenes, ganz persönliches ist? Wie brutalstmöglich ist Millionen Menschen die Hoffnung genommen worden, dass ihr einziges Leben glücklicher, sorgenfreier, selbstbestimmter sein könnte? Aber wahrscheinlich glauben Sie an die Reinkarnation der Betroffenen?
Diese vielfach gespaltene Gesellschaft kompensiert diese Niederlage mit Ellenbogenkämpfen, Antisemitismus, Rassismus, imperialer Arroganz und selbst ein Fußballfilm wie das »Wunder von Bern« wurde am Wochenende vom Regisseur Sönke Wortmann, nach Selbsteinschätzung früher ein Linker, als Aufforderung zu mehr deutschem »Pathos« und »neuem Nationalstolz« angepriesen, ohne dass er die verdienten Prügel kriegt.
Bei soviel Krise im Innern kann die Welt von Deutschland wieder mal nur Gutes erwarten: Mehr Raub und Plünderung im Trikont, der sogenannten Dritten Welt und im ehemaligen RGW-Block, dem Gebiet der sogenannten EU-Erweiterung, mehr Kriegseinsätze, mehr imperialistischen Terror gegen Schwächere. Eine historisch bewährte Lösung zur Dämpfung sozialer Krisen im Innern Deutschlands.
Die Grünen haben schon lange nichts mehr über die Frauenbefreiung in Afghanistan erzählt. Mag daran liegen, dass die Lage der Frauen kaum besser als unter den Taliban ist. Ist ja egal. Frauenbefreiung und Naturfrage sind nur noch schmutzige Alibis für den raubbeuterischen Krieg Eurer Regierung.
Sogar die PDS, die Partei des demokratischen Sozialismus, - ich wiederhole: Sozialismus -, hat in der letzten Sitzung, zusammen mit den unsichtbaren angeblich existierenden SPD-Linken unseren Antrag abgelehnt, städtisches Eigentum und Eigenbetriebe nicht weiter zu privatisieren.
Es sind stets Leute, die sich Linke nennen, die feige kneifen, weil sie in der SPD noch was werden wollen, weil sie sich mit ihrer eigenen Taktik selbst reinlegen, superschlau den Kapitalismus zähmen zu wollen, ohne dass der es merkt.
Und die PDS? Mit ihrer Affenliebe zur SPD spielt sie hier im Parlament den mehrheitsbeschaffenden Wurmfortsatz der SPD - Eure Stimmen kriegt die SPD stets geschenkt! Dass damit seit fast drei Jahren 'realpolitische' Machtmöglichkeiten der kleinen linken Opposition verspielt werden, sei betrübt am Rand vermerkt. Ich hab' genug Erfahrung und Phantasie mir vorzustellen, welche Hebelwirkung auch eine sehr kleine linke Opposition in diesem Parlament spielen könnte, bekäme die SPD die beiden Stimmen der PDS nicht permanent für lau geschenkt.
Es gibt einen heimlichen Konsens in diesem Haus, die Krise und die Haushaltslage auch dafür zu nutzen, dass die Stadt Frankfurt dem Kapital ausgeliefert wird. Stück für Stück, Eigenbetrieb für Eigenbetrieb, Grundstück für Grundstück.
Die substantielle, stoffliche Auslieferung wird begleitet von scheinbar nur symbolischer:
Fast wäre es im Nordend auf Antrag der SPD, unterstützt von CDU und FDP und zunächst auch den Grünen, gelungen, dass die Firma Merz Chemie eine Strasse nach ihrem Eigner Friedrich Merz benennen lässt und die Marschnerstraße den Namen ihres Komponisten unverdient verliert.
Erst als ÖkoLinX-ARL in wochenlanger Recherche den Nachweis geführt hatte, dass Friedrich Merz NSDAP-Mitglied war und dass selbst die Statuten dieser Stadt - noch! - empfehlen, dass nach so einem in Frankfurt keine Strasse benannt wird, wurde die Abstimmung ausgesetzt. Nur ausgesetzt! Aus unterwürfiger Dankbarkeit, dass Merz Arbeitsplätze bietet - natürlich nur aus Altruismus - , wäre eine Straße im Nordend im Jahr 2003 fast nach einem Nazi neu benannt worden.
Wie praktisch dass der Betriebsratsvorsitzende bei Merz zugleich SPD-Fraktionsvorsitzender im Ortsbeirat ist. Übel werden kann einer, wenn mensch weiß, dass die Anträge aus Peinlichkeit - die Presse berichtete hier sehr aufmerksam und kritisch - zwar nicht behandelt wurden, aber bis heute nicht zurückgezogen wurden.
Da warten die üblichen Verdächtigen wohl auf Papierchen der Firma Merz, die belegen sollen, dass Friedrich Merz ein heimlicher Widerstandskämpfer war und Juden versteckt hat. Ja, Deutschland, ein Land von 80 Millionen heimlichen Widerstandskämpfern und so viele Juden, wie »Arier« versteckt haben wollen, lebten in Deutschland leider nie.
Was tickt bei Ihnen nicht richtig, dass Sie keinen Ekel empfinden angesichts von soviel Reichtum Weniger?
Dass sie scheintot sind und vollständig empathiefrei, angesichts von versifften Wohnungen, Mangelernährung von Kindern, Wohnsitzlosen unter Glaspalästen?
Dass nicht wenigstens der halben SPD-Fraktion mulmig wird, wenn ein Bürgermeisterposten für die SPD mit der Schließung von Stadtteilbüchereinen bezahlt wird? Wie fühlt man sich da, Herr Vandreike? Ist es das wert, werte SPD-Fraktion? Immer mehr Stadtkohle in die Überwachung und immer weniger in soziale Hilfe und in selbstbestimmte Projekte?
Viele Menschen außerhalb dieses Hauses wenden sich längst mit Grausen ab. Als Linke kann ich einerseits sagen: Desillusionierung ist gut. Es gibt noch zu viele Menschen, denen sie erfolgreich eingehämmert haben, dass eine wirklich humane Gesellschaft, eine menschliche Stadt nicht möglich ist.
Aber die andere Seite der Entwicklung ist: in Deutschland, diesem Stammland der Untertanen, bewirkt die Krise nie emanzipatorischen Lösungen, sondern immer repressive, inhumane, autoritäre. Im Osten des Landes, und da bin ich oft, sind Dörfer und auch etliche Städte unter faschistischer Hegemonie ...
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[Zwischenrufe, empörtes Gegröhle]
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... im Westen sind es vorläufig 'nur' faschistische Milieus, aber sie wachsen und auch sie haben ihre ideologischen und materiellen Scharniere ins Bürgertum.
Die braune Scheiße wächst zusammen; was zusammengehört wächst zusammen, und hier in Frankfurt glaubt man sich auf einer aufgeklärten Insel. Sie werden sich, fürchte ich, noch wundern.
Schauen Sie sich doch z. B. hier im Raum um! Lassen wir ausnahmsweise jetzt mal die rechtsextremen Anteile der CDU aus der Diskussion und die der FDP. Beobachten Sie zum Beispiel, wie Wolfgang Hübner von der BFF vorgeht:
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mit völkischem Populismus
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wortreich eingenebeltem Rassismus
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und
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kleinen Aktionsmethoden abgekupfert aus den neuen sozialen Bewegungen
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wird er z. B. von der Frankfurter Neuen Presse nach oben gehievt wie weiland, dort in größerem Maßstab, Ronald Schill von der Hamburger Boulevardpresse.
Oh, wenn mal wieder gelobt wird, wie selbstlos Bürger der Stadt mit ihrem Vermögen Gutes tun - ob Hertie-Stiftung (Vermögen und Extraprofite aus Arisierung) und die HeLaBa (Hessische Landesbank) den Wiederaufbau der Alten Stadtbibliothek von 1840 bezahlen oder nicht: wär's nicht besser, die zahlten angemessen hohe Steuern und die öffentliche Hand - also gewählte VertreterInnen nicht irgendwelche LobbyistInnen oder SponsorInnen - entschiede, was mit unserem Geld gemacht wird?
Wär's nicht besser, statt des teuren Baus blieben alle Frankfurter Stadtteilbüchereien lebendig und würden ausgebaut?
Wär's nicht humaner, die zahlten bessere Löhne und beuteten Lohnabhängige und unter ihnen vor allem MigrantInnen nicht aus?
Sind es nicht die gleichen 'ehrenwerten Bürger', die keine oder kaum Steuern zahlen und für etwas Ablaß-Sponsoring den Kniefall städtischer PolitikerInnen verlangen und stets erhalten?
Der Kämmerer hat bei der Einbringung des Haushalts 2003 gesagt: »Das Geld, das hier ausgegeben werden muss, ist gut angelegt, weil es uns vielleicht später vor höheren sozialen Kosten bewahren wird.« Was für ein Zynismus! Immer wieder wird, ob von der CDU, der FDP, den Grünen oder von Partei Eberts und Noskes (manchmal weiß ich nicht, wer schlimmer war) aber auch neulich von der FAG argumentiert, dass Geld für soziale Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sein müsse, weil sonst die künftigen Kosten für soziale Konflikte stiegen. - Denken Sie manchmal noch darüber nach was sie da sagen oder hat diese prädikatorische Polizeistaatslogik schon alle grauen Zellen vergiftet?
Eine Stadt hat Kinder und Jugendliche zu fördern, damit diese glücklich und gesund aufwachsen! Damit sie, ohne Ansehen ihrer sozialen Herkunft, alle Chancen haben, sich zu zufriedenen sozialen, freien, selbstbestimmten Wesen zu entwickeln.
Die Mosaiksteine für ein besseres Leben für Kinder zerstört die Stadt seit Jahren, Schritt für Schritt:
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die Ausdörrung und Schließung der Stadtteilbüchereien
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der Plan, Schwimmbäder zu schließen
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Erhöhung von Gebühren allerorten
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ewige Wartelisten für Krippen, Kitas und Horte und ihre personelle Ausdünnung
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Schließungen wie die der Kita 80 (dazu hinter dem Rücken des Parlaments)
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mickrige, unökologische Essensversorgung (und Schließung der Küchenbetriebe)
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heruntergekommene Schulen, stinkende Klos, marode Bausubstanz
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entgegen allen Behauptungen nur lächerlich geringe Förderung von Migrantenkindern, nur deshalb füllen die die diskriminierenden, rassistischen Sonderschulen
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die Privatisierung der Kinder- und Jugendhilfe
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wie viel selbstverwaltete Jugendzentren, wie viel Jugendzentren auf wie viel Jugendliche?
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Ghettosierung von Frankfurter Stadtteilen.
Herr Stadtkämmerer, dass ich diesen Kapitalismus nicht will, weil er den Menschen zerstört und die Natur, von der der Mensch lebt, wissen Sie. Auf dieser Ebene greife ich Ihren Haushaltsentwurf diesmal nicht an. Aber selbst immanent betrachtet, ist dieser Haushalt des sozialen Grauens ein Haushalt nicht ihrer persönlichen aber einer strukturellen Ohnmacht. Ein Haushalt, für den Ihnen nur diejenigen danken können, die davon profitieren - die städtischen Gruppen mit einflussreichen Lobbys im Magistrat und in den regierenden Fraktionen.
Dagegen werden wir Widerstand organisieren!
Wenn Sie meinen Beitrag als Kampfansage gegen Ihren Haushalt verstehen, werte Parlamentsmehrheit, überhaupt nicht geschätzte, städtische Terrorbande aus CDU/SPD/Grüne/FDP, dann haben sie mich endlich mal richtig verstanden!
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